Von der Idee zum Unternehmen - 23 Erfolgsgeschichten

Was motiviert Frauen dazu, eine unternehmerische Karriere zu starten und ihr eigenes Unternehmen zu gründen? Dieser Frage geht Viktoria Steger in ihrer Masterarbeit nach, für die sie mit dem Wissenschaftspreis 2019 der Wirtschaftskammer Tirol ausgezeichnet wurde.

Wir haben so viele potentielle Ideen und Interessen, aber die wenigsten setzen sich wirklich fest. Wir wollen etwas anderes, den Schritt wagen, wir wollen mehr. Wir fangen an zu planen und überlegen, könnte ich das wirklich? Bin ich ausreichend qualifiziert? Habe ich die nötigen Skills? Die Vorstellung, ein Unternehmen zu gründen, löst bei vielen Menschen Sehnsüchte und Träume aus, aber eben auch Ängste und Zweifel. Unverwirklichte Business-Ideen schlummern oft jahrelang in unseren Gedanken, weil uns die Furcht vor dem Ungewissen und der Schritt raus aus der Komfortzone schlicht und einfach überfordern. Deshalb gibt es wohl kaum etwas Inspirierenderes als Menschen, die jegliche Skepsis und Bedenken beiseitelegen und den unsicheren Weg in die Selbständigkeit wagen.

Noch wenig erforscht ist in diesem Zusammenhang das Female Entrepreneurships: Was motiviert Frauen wirklich, ein Unternehmen zu gründen? Und: Verfügt die Generation der Millennials (1980-2000) über eine andere Gründungsmotivation als die Generation X (1965-1979)?

“Es wird Zeit, dass Politik und Wirtschaft Hand in Hand gehen und junge motivierte Menschen nicht nur vor, sondern auch während und nach ihrer Gründung sowie in jeder Wachstumsphase unter­stützen und weiter fördern.”

Um diese Fragen im Rahmen der Masterarbeit „Women Entrepreneurs Across Generations“ zu beantworten, wurden in wenigen Wochen insgesamt 23 qualitative Interviews mit Unternehmerinnen aus Italien, Österreich und Deutschland geführt. Alle 23 Frauen kommen aus unterschiedlichen sozialen wie auch beruflichen Backgrounds und sind in den vielfältigsten Branchen tätig. Die einzige Voraussetzung für die Studienteilnahme war, dass die Unternehmerinnen allein oder mit einem bzw. mehreren Partner/innen das Unternehmen gegründet und aufgebaut haben.

 

Enthusiasmus, Übermut und Adrenalin treiben an

Tatsache ist: Eine Mischung aus Enthusiasmus, Übermut und Adrenalin haben die Möglichkeit, mehr als eine Generation zu motivieren und zu prägen. Als Motivation für die Gründung nannten die Unternehmerinnen beider Generationen vor allem unternehmerische Tatkraft, das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und der Umsetzung eigener Ideen, persönliche Kompetenzentwicklung, das Streben nach Handlungsfreiheit sowie eine soziale Mission. Überaus interessant war die Erkenntnis, dass mehr als die Hälfte der Unternehmerinnen (50 Prozent der Generation X, 70 Prozent der Millennials) die Unzufriedenheit am früheren Arbeitsplatz als weiteren, grundlegenden Auslöser für die Gründung identifizierten.

Des Weiteren zeigten die Ergebnisse klar auf, dass gründungswillige Frauen beider Generationen zwar von ähnlichen Motivationsfaktoren geleitet werden, sich jedoch in vielen wesentlichen Punkten voneinander unterscheiden. Deutliche Unterschiede konnten beobachtet werden hinsichtlich der Wahl der Unternehmensform und -organisation (Einzelunternehmen vs. Team), der Branche des Unternehmens, der Größe des Unternehmens, des Wachstumsstrebens, des Familienstandes, des unternehmerischen Backgrounds, der persönlichen Fähigkeiten, die benötigt werden, ein Unternehmen zu gründen, sowie des Selbstbewusstseins.

Die größten Unterschiede zwischen der Generation X und den Millennials sind laut Untersuchung folgende:

  • 70 Prozent der Unternehmerinnen der Generation X, aber nur 36 Prozent der Millennials gründeten ihr Unternehmen alleine, ohne weitere Partner/innen.
  • Sehr spannend war die Erkenntnis, dass 27 Prozent der Millennials in einer bis vor Kurzem eher männerdominierten Branche gründeten: der Software- und Informationstechnik.   Unternehmerinnen der Generation X beschäftigten eher und auch mehr Mitarbeiter/innen als Unternehmerinnen der Generation Y.
  • Fast drei Viertel der Millennials (72 Prozent) und weniger als ein Drittel der Generation X (27 Prozent) gaben an, nach Unternehmenswachstum zu streben.
  • 60 Prozent der Generation X und 18 Prozent der Millennials gaben an, verlobt oder verheiratet zu sein. Des Weiteren gaben 60 Prozent der Generation X an, ein Kind bzw. mehrere Kinder zu haben.
  • Interessant war auch das Ergebnis, dass die Hälfte der Generation X, aber nur 20 Prozent der Millennials einen unternehmerischen Hintergrund, beispielsweise in Form eines Familienunternehmens, nachweisen können.
  • Des Weiteren gab die Generation X an, dass vor allem Networking-Fähigkeiten, Durchhaltevermögen und das Setzen von strategischen Zielen benötigt werden, um ein Unternehmen zu gründen. Ganz im Gegenteil dazu gaben die Millennials an, dass vor allem Mut, Selbstvertrauen in die eigenen Stärken und Fähigkeiten sowie Networking-Fähigkeiten nötig sind.
  • Insgesamt nahmen 70 Prozent der Generation X das Selbstbewusstsein für ihre Unternehmensgründung aus ihrer eigenen Persönlichkeit, Motivation und Passion. Ganz im Gegenteil gab ein Großteil der Millennials (45 Prozent) an, dass sie nicht wirklich darüber nachgedacht hätten, ob sie selbst die Fähigkeiten bzw. das Selbstbewusstsein für eine Unternehmensgründung haben oder nicht, sie gründeten einfach.

 

Jede Gründungsgeschichte ist einzigartig

Der Mut, einfach anzufangen, das Erlernen des Know-hows, öffentliche Unterstützung und Finanzierung, bis hin zum richtigen Auftritt beim Kunden: Auf die Ergebnisse der Masterarbeit folgte ein Aufruf zum Handeln. Dieser Aufruf in Form praxisrelevanter Empfehlungen und Implikationen wendet sich vor allem an Politik, an Universitäten und Hochschulen, an alle gründungsmotivierten Frauen und Männer, an bestehende Unternehmer/innen, aber auch an Arbeitgeber, um hochqualifizierte und unternehmerisch denkende Frauen in ihren Organisationen halten zu können. Ein Unternehmen zu gründen ist Chance und Risiko zugleich. Jede einzelne Unternehmerin, die an der Untersuchung teilnahm, war mit ihrer Gründungsgeschichte einzigartig und beeindruckend, wurde jedoch auch von unzähligen Hürden und schlaflosen Nächten geprägt. Es wird Zeit, dass Politik und Wirtschaft Hand in Hand gehen und junge motivierte Menschen nicht nur vor, sondern auch während und nach einer Gründung sowie in jeder Wachstumsphase unterstützen und weiter fördern.

Innovative und nachhaltige Ansätze und Lösungen werden vor allem in Hinblick auf die Bildung des Selbstbewusstseins von jungen Menschen, das Training und die Förderung wertvoller Soft Skills und andere Weiterbildungsprogramme, Zugang zu Finanzierung, Kinderbetreuung sowie hinsichtlich Ausfallversicherungen und Pensionen dringend benötigt. Denn Fakt ist: Der Mut zur Selbstständigkeit und der Unternehmergeist der oder des Einzelnen sichern neben Innovation und Weitblick auch den Wohlstand von morgen.

Mit viel Leidenschaft und Mut haben 23 beeindruckende Frauen den Schritt in die Selbstständigkeit erfolgreich gemeistert, und ihre Unternehmen werden heute, teilweise nach 20 Jahren, noch voller Begeisterung fortgeführt. Jede einzelne von ihnen hat mich noch mehr motiviert, diesen Schritt zu wagen und mein eigenes Unternehmen zu gründen. Ich bin mir sicher, sie motivieren auch Sie, Ihre Ideen zu verwirklichen.